Ostern ist eines der zentralen christlichen Feste – vielleicht auch DAS christliche Fest -, doch viele Menschen – insbesondere Kinder und Jugendliche – wissen heute kaum noch, was genau gefeiert wird.
Stattdessen stehen Osterhasen, bunte Eier und Ferien im Mittelpunkt.
Ist denn die eigentliche Botschaft von Ostern - die Auferstehung Jesu – ein Thema, dass so weit entfernt von unserer Lebensrealität ist?
Die Auferstehung Jesu – ein Thema voller Fragen
Die Auferstehung ist ein faszinierendes und herausforderndes Thema, das viele Fragen aufwirft:
- Warum nur Jesus? Warum durften nicht auch andere Menschen auferstehen?
- Gibt es Beweise für die Auferstehung z.B. Berichte von Augenzeugen?
- Warum steht die Auferstehung im Mittelpunkt des christlichen Glaubens und nicht der Tod?
- Wie kann man sich die Auferstehung Jesu vorstellen? Ist sie buchstäblich zu verstehen oder symbolisch?
- Wie kann das überhaupt passiert sein? Ist es wissenschaftlich denkbar?
- Was geschah mit seinem Körper? War er wirklich tot oder doch nur scheintot?
- Und vor allem: Wie kann man daran glauben? Was bedeutet es für den Glauben heute?
Dorothee Sölle sagte einmal: „Auferstehung ist ein Symbol des Glaubens, das nur schwer zu entschlüsseln ist.“
Genau darum lohnt es sich, sich mit dem Thema zu beschäftigen – denn es hat mehr mit unserem Leben zu tun, als wir vielleicht denken.
Was meinen wir eigentlich, wenn wir von Auferstehung sprechen?
Bevor wir über die Bedeutung der Auferstehung heute sprechen, müssen wir klären, was mit „Auferstehung“ überhaupt gemeint ist. Dabei lassen sich drei wesentliche Perspektiven unterscheiden:
1. Christlich/biblisch
- Die Auferstehung Jesu nach seiner Kreuzigung ist das zentrale Ereignis des christlichen Glaubens. Sie bedeutet kein einfaches „Wiederaufleben“, sondern eine radikale Neuschöpfung – kein Zurück in das alte Leben, sondern ein vollkommen neues Sein.
- In der Bibel gibt es verschiedene Erzählungen über die Auferstehung, die sich in Details unterscheiden, aber in einem Punkt übereinstimmen: Die Begegnung mit dem Auferstandenen verändert die Menschen grundlegend. (richtig schön!)
- Die neutestamentlichen Texte sprechen auf unterschiedliche Weise von der Auferstehung: Ostererzählungen berichten von Begegnungen mit dem Auferstandenen, Bekenntnisformeln bezeugen das Glaubensbekenntnis „Jesus ist auferweckt worden“, und die Geschichten vom leeren Grab setzen einen materiellen Bezugspunkt.
Das älteste schriftliche Zeugnis zur Auferstehung Jesu findet sich bei Paulus:
- 1 Kor 15,1-8 (ca. 54 n. Chr.): Paulus überliefert eine frühe Bekenntnisformel, in der es heißt: „Christus ist für unsere Sünden gestorben [...], er ist begraben worden und am dritten Tage auferweckt worden [...].“ Er beruft sich dabei auf die Zeugen, denen der Auferstandene erschienen ist.
Die Evangelien erzählen die Osterbotschaft auf unterschiedliche Weise:
- Mk 16,1-8 (ca. 70 n. Chr.): Die Frauen finden das leere Grab und hören die Botschaft des Engels, dass Jesus auferstanden ist – doch aus Angst sagen sie zunächst nichts weiter.
- Mt 28,1-10 (ca. 80 n. Chr.): Jesus erscheint den Frauen am Grab, sie fallen vor ihm nieder, und er sendet sie mit der Botschaft zu den Jüngern.
- Lk 24,1-12 (ca. 85–90 n. Chr.): Engel verkünden die Auferstehung am leeren Grab, doch die Jünger glauben den Frauen zunächst nicht.
- Joh 20,1-10 (ca. 90 n. Chr.): Maria Magdalena entdeckt das leere Grab, berichtet den Jüngern, und Petrus sowie der „Jünger, den Jesus liebte“ eilen hin, ohne den Auferstandenen sofort zu erkennen.
Theologische Deutungen der Auferstehung
In der Theologie gibt es unterschiedliche Deutungen: War die Auferstehung ein historisches Ereignis im Sinne eines körperlichen Wiederlebendigwerdens? Oder handelt es sich um eine Glaubensüberzeugung, die sich aus Visionen der Jünger speiste?
- Willi Marxsen betont, dass die Auferstehung nicht ein physisches Wiederlebendigwerden meint, sondern die Überzeugung der Jünger: „Jesus ist von Gott auferweckt worden.“
- Gerd Lüdemann sieht die Ostererscheinungen als Visionen der Jünger, ausgelöst durch Trauer und Hoffnung – das Grab sei nicht leer gewesen.
- Gerhard Lohfink dagegen betont, dass die Ostererscheinungen nicht nur Visionen waren, sondern eine Offenbarung Gottes: Die Jünger erlebten den lebendigen Christus real in ihrer Gemeinschaft und Verkündigung.
2. Symbolische Bedeutung
- Auferstehung kann auch als Symbol für Neuanfang, für das Überwinden von Krisen und für die Hoffnung auf Veränderung verstanden werden.
- In unserem Leben gibt es immer wieder Situationen, in denen wir „auf(er)stehen“ – nach Krankheit, nach persönlichen Krisen, nach schweren Verlusten.
- Auch gesellschaftlich kann man von „Auferstehung“ sprechen, etwa wenn nach Kriegen oder Katastrophen ein Neuanfang möglich wird.
3. Philosophisch/existenzielle Grundfragen
- Die Frage nach der Auferstehung berührt eine der tiefsten existenziellen Fragen: Gibt es ein Leben nach dem Tod?
- In vielen Religionen und Weltanschauungen gibt es Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod, wenn auch in sehr unterschiedlichen Formen (z. B. Wiedergeburt, Paradies, Weiterexistenz der Seele).
- Auch unabhängig von religiösen Überzeugungen stellt sich die Frage: Was bleibt von uns, wenn wir sterben? Hinterlassen wir Spuren? Leben wir in Erinnerungen weiter?
Wie können Menschen, die mit dem christlichen Osterfest wenig anfangen können, das Geheimnis der Auferstehung begreifen?
Die Auferstehung Jesu ist für viele Menschen schwer zu fassen. Doch es gibt Wege, sich ihr anzunähern:
1. Die Erfahrung von „Auferstehung“ im eigenen Leben
- Jeder Mensch erlebt im Laufe seines Lebens schwierige Phasen, die er überwinden muss. Wer nach einer Krise neuen Mut fasst, erfährt eine Art „Auferstehung“.
- Beispiele aus dem Alltag: Eine schwere Krankheit überstehen, nach einer Trennung oder einem Verlust wieder Hoffnung schöpfen, einen neuen Lebensweg einschlagen.
- Die Auferstehung kann als Bild für Resilienz verstanden werden – die Fähigkeit, nach Rückschlägen wieder aufzustehen.
2. Die Motivik der Auferstehung in Literatur und Film
Die Idee der Auferstehung ist nicht nur ein religiöses Konzept, sondern auch ein starkes erzählerisches Motiv in Literatur, Film und digitalen Medien. In vielen Geschichten begegnen wir Figuren, die sterben und auf erstaunliche Weise zurückkehren – oft verwandelt und mit einer neuen Bestimmung.
- Harry Potter (J.K. Rowling): In Harry Potter und die Heiligtümer des Todes geht Harry freiwillig in den Tod, um Voldemort zu besiegen – und kehrt zurück, weil er bereit war, sein Leben zu opfern.
- Gandalf (Der Herr der Ringe, J.R.R. Tolkien): Gandalf „stirbt“ im Kampf gegen den Balrog, kehrt jedoch als Gandalf der Weiße zurück – weiser und mächtiger als zuvor.
- Neo (Matrix): Neo stirbt am Ende des ersten Films und wird wiedergeboren als „der Auserwählte“, mit neuen Fähigkeiten und einem tieferen Verständnis seiner Mission.
- Legend of Zelda (Videospiele): In vielen Teilen der Zelda-Reihe wird der Held Link wiedergeboren oder kehrt nach einem scheinbaren Tod zurück, um die Welt erneut zu retten.
Diese Beispiele zeigen: Die Vorstellung einer Wiederkehr nach dem Tod – nicht als bloßes Weiterleben, sondern als tiefgehende Transformation – fasziniert die Menschheit bis heute. Sie spricht eine universelle Sehnsucht an: dass Tod nicht das Ende sein muss, sondern etwas Neues beginnen kann.
3. Die Motive der Auferstehungsgeschichte als Inspiration für unser Leben
- Vom Tod zum Leben: Die Botschaft von Ostern ist, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Das kann Trost spenden in Zeiten von Trauer und Verlust.
- Vergebung und Neuanfang: Die Jünger hatten versagt, Petrus hatte Jesus verleugnet – und doch bekamen sie eine neue Chance. Das zeigt: Fehler sind nicht das Ende.
- Überraschung und Hoffnung: Die Jünger dachten, alles sei verloren – und doch kam alles ganz anders. Auch in unserem Leben geschehen oft unerwartete Wendungen zum Guten.
- Gemeinschaft als Kraftquelle: Die Auferstehung wurde nicht allein erlebt, sondern in der Gemeinschaft. Auch wir brauchen Menschen, die uns tragen und ermutigen.
Warum ist die Auferstehung heute noch relevant?
Die Auferstehung ist mehr als eine alte religiöse Erzählung – sie spricht existenzielle Erfahrungen an, die jeder Mensch macht: Krisen, Neuanfänge, Hoffnung. Sie zeigt, dass selbst in aussichtslosen Situationen neue Perspektiven entstehen können.
Ob man nun daran glaubt oder nicht, die Botschaft von Ostern bleibt aktuell:
- Es gibt immer Hoffnung, selbst wenn alles verloren scheint.
- Scheitern ist nicht das Ende – es gibt Neuanfänge.
- Gemeinschaft und Glaube können uns in schwierigen Zeiten tragen.
Ostern ist also nicht nur ein Fest mit Hasen und Eiern, sondern eine Einladung, sich mit den großen Fragen des Lebens auseinanderzusetzen. Vielleicht entdecken wir darin mehr für unser eigenes Leben, als wir zunächst dachten.