Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Weihnachten denken? Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas- oder Matthäusevangelium? Bräuche zu Weihnachten, wie der Adventskranz oder der Tannenbaum? Das könnte daran liegen, dass in Religionsbüchern häufig der Schwerpunkt genau darauf gelegt wird.
Weihnachten – was noch?
Kann Weihnachten noch mehr sein als die Weihnachtsgeschichte und Bräuche? Die Antwort ist: Ja!
Biblisch-theologische Motive, christliche Hoheitstitel sowie religiöse, kulturelle und kommerzielle Erfahrungen der Schüler:innen können genauso Einzug in den Religionsunterricht erhalten.
Und da geht noch mehr …
Weihnachten ideologiekritisch betrachtet
Religion hat sich im Wechselspiel mit der Gesellschaft verändert. Im 19. Jahrhundert führten tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Umbrüche wie Industrialisierung und Urbanisierung zu einem Bedürfnis nach Gemeinschaft und Sinn, das durch populäre Weihnachtsbräuche erfüllt wurde, die religiöse Symbolik mit Trost und Freude verbanden. So verband sich "das Weihnachtsmotiv des christlichen Glaubens mit den emotionalen Bedürfnissen der bürgerlichen Gesellschaft" (Eck, S. 153), wodurch die religiöse Bedeutung schwand und das familiäre "Fest der Liebe" war geboren.
Im Religionsunterricht könnte dieser historische Wandel besprochen werden. Mit dem Ansatz des kritischen Denkens könnte man den Blick auf das Fest weiten: Im RU könnte man thematisieren, inwiefern an Weihnachten christliche Werte hochgehalten werden oder welche Möglichkeiten es gibt, das Weihnachtsfest bewusster zu gestalten, um die religiöse Bedeutung zu integrieren.
Weihnachten vor dem Hintergrund von Ostern verstehen
Kritisch denken bedeutet auch, die Zusammenhänge der christlichen Feiertage zu hinterfragen und theologisch tiefer einzutauchen: Eine Verknüpfung von Weihnachten und Ostern im RU ist sinnvoll, denn Weihnachten lässt sich eigentlich nur vor dem Hintergrund von Ostern verstehen.
Ohne die Auferstehung hätte die Geburt Jesu keine tiefgreifende Bedeutung. Weihnachten kündigt Ostern bereits an und die Menschwerdung Gottes, die Hingabe bis zum Tod und der Auferstehung für die Beziehung zwischen Gott und Mensch, kann nicht ohne diesen Zusammenhang gedacht werden. Ostern erklärt Weihnachten: Der Grund, warum Christus geboren wurde, war, um den Tod zu überwinden und der Menschheit die Erlösung zu bringen.
Denn: "Das Kreuz ist aus dem Holz der Krippe geschnitzt."
Gängige Aussagen wie diese, machen deutlich, dass Weihnachten nicht ohne Ostern gedacht werden kann. Darin werden sowohl historische als auch eschatologische Dimensionen sichtbar.
Wie kann man nun Weihnachten im Religionsunterricht thematisieren?
- Motive wie Hoffnung, Freude und Gottes Plan verbinden beide Feste miteinander. Sie können zum Gegenstand des Unterrichts werden.
- Ein Zugang zur Verbindung der beiden Feste kann das Thema Licht sein: Die liturgische Feier der beiden Feste betont ihre Verbindung in der Licht-Symbolik: In Weihnachten (Christus, das Licht der Welt, wird geboren) und Ostern (die Dunkelheit des Todes wird durch das Licht der Auferstehung überwunden) spielt Licht eine zentrale Rolle.
- Anlass zum Austausch über die Verbindung von Ostern und Weihnachten können auch verschiedene Weihnachtslieder sein. Hier wird deutlich: Die Geburt Jesu Christi ist verbunden mit etwas größerem - Verlust, Hoffnung, Freude und Versöhnung gehören hier dazu!
Folgende Fragen könnten dann gemeinsam besprochen werden: Warum ist Weihnachten ohne
Ostern unvollständig? Was bedeutet es, dass Jesus für uns geboren wurde und für uns gestorben
ist?
Weihnachten ist ein wiederkehrender Unterrichtsgegenstand in den Lehrplänen.
Deshalb bietet es sich an, mithilfe von Unterrichtsreihen oder -sequenzen, die unterschiedliche Fokusse setzen, z. B. im Falle des Hirten bibeldidaktisch die Themen "Bedeutung des sozialen Status" oder "Ausgrenzung und Wunsch nach Anerkennung" in Bezug auf Weihnachten zu thematisieren. Damit erhält Weihnachten lebensweltliche Relevanz, ein Erkenntnisfortschritt der Schüler:innen wird unterstützt und reine religiöse Sachkunde vermieden.
Quellen:
Eck, Sebastian. Weihnachten im Religionsbuch. In: Transformatio 2 (2023).
Theuer, Gabriele: Geburtsgeschichten Jesu / Weihnachten, bibeldidaktisch. URL: bibelwissenschaft.de/stichwort/200771/(2020).