Lebensweltorientierte Begleiter*innen sein
Als jugendpastoraler Handlungsort im Bistum Essen haben wir in „GleisX – Kirche für junge Menschen“ eine klar umrissene Zielgruppe, die zum einen Jugendliche in der Firmvorbereitung (ca. 16 Jahre), zum anderen hauptsächlich jedoch junge Erwachsene in der Altersspanne zwischen 18-35 Jahren umfasst. Aus Gründen der Übersichtlichkeit, soll der Fokus im Folgenden insbesondere auf der zuletzt genannten Zielgruppe liegen.
Aufgrund strategischer Entscheidungen steht in GleisX – neben der erwähnten Firmvorbereitung für Jugendliche – insbesondere die Eucharistiefeier im Fokus, die wir an jedem Sonntag in der GleisZeit feiern. In Ausnahmefällen kommt es jedoch auch vor, dass Menschen, die mit GleisX eine besondere Verbindung haben an diesem Ort auch heiraten.
Beim Blick auf die Konzepte der Sakramentenpastoral in unseren Bistümern und Gemeinden, - so auch bei uns, - stößt man nicht selten auf Sätze, die mit den Worten: „Angepasst an die Lebenswelt der Jugendlichen“, oder „Reagierend auf“ beginnen.
Was jedoch macht die Lebenswelt der jungen Erwachsenen aus?
Junge Erwachsene im Alter von 18-35 Jahren befinden sich zumeist in der Berufsausbildung, studieren oder beginnen ihren ersten Beruf. Sie sind familiär ungebunden, sowohl mit Blick auf ihre Herkunftsfamilie, als auch den Aufbau einer eigenen Familie. Sie befinden sich in unterschiedlichen Beziehungen zu ihren Partner*innen, Freund*innen und der Familie und sind lokal ungebunden, was sich durch eine hohe Flexibilität und Mobilität, wechselnden Wohnorten oder dem Bezug eines eigenen Wohnsitzes zeigt. In finanzieller Hinsicht kann sich in diesen Jahren durch eigenes, wenn auch geringes Einkommen, eine finanzielle Unabhängigkeit einstellen.
All dies, und auch die unbekannten Aspekte der persönlichen Biographie, bildet das sogenannte „Streckennetz des Lebens“, indem die jeweilige Person unterwegs ist. In diesem verzweigten Netz will GleisX ein Ort sein, an dem ein bewusstes Anhalten stattfinden kann, der zur Ruhe einlädt und ein bewusstes Nachdenken über das eigene Leben ermöglichen soll. Dabei orientieren wir uns am Bild eines Bahnhofes, an dem man auf seiner Reise aussteigen kann, um den Zug und damit die Richtung zu wechseln und die verschiedensten Angebote in der Bahnhofshalle nach seinen Bedürfnissen zu nutzen. Entscheidend dabei ist, dass jede*r weiterfahren darf und soll, wenn die Zeit dafür gekommen ist.
Dazu steht vor allem der Raum von GleisX zur Verfügung. Die Gestaltung, die durch Licht und Musik erzeugte besondere Gottesdienstatmosphäre sowie die unterschiedlichen Orte im Kirchraum sollen dazu einladen, mit sich und den eigenen Lebensfragen in Kontakt zu treten. Eine solche Form des Nachdenkens und der Selbstreflexion funktioniert jedoch nicht ohne Hilfestellungen von außen. Junge Menschen, die GleisX besuchen, bekommen neben den Sinneswahrnehmungen durch den Raum auch durch die Mitarbeiter*innen Impulse für ihre je individuellen Lebensthemen und –fragen. Das entscheidende Stichwort ist an dieser Stelle das „personale Angebot“, das sich insbesondere durch Zeit und Nähe auszeichnet. Dies alles geschieht im Bewusstsein dafür, dass das Leben und der Glaube aufs Engste miteinander verbunden sind. Es gibt kein Leben und daneben den Glauben. Der christliche Glaube durchdringt das Leben und umgekehrt.
Über den lebensweltorientierten Ansatz, der vor allen weiteren Schritten steht, erhalten die jungen Menschen automatisch auch Impulse für ihren persönlichen Glaubensweg mit Gott.
Es gilt somit Räume zu schaffen, in denen die Verknüpfung zwischen Leben und Glauben spürbar wird, in dem junge Menschen ihren eigenen und den Glauben und die Sichtweisen der katholischen Kirche reflektieren können. Darüber hinaus können hier weitere persönliche wie gemeinschaftliche Glaubenserfahrungen ermöglicht werden. In diesen Raum stellen wir, die Mitarbeiter*innen von GleisX, uns als Personen hinein, mit unserem Glauben, unserer Suche unseren Fragen und Zweifeln.
(Der Vollständigkeit halber sei erwähnte, dass mit Raum auch der digitale Raum gemeint ist, der durch die Corona-Pandemie auch am GleisX eine größere Bedeutung bekommen hat. Durch Online-Impulse während dieser Zeit hat sich die Reichweite der Kontakte erhöht und wir bemühen uns auch weiterhin Angebote zu gestalten, die dieser Gruppe von Menschen eine Hilfe für ihren Alltag sein kann.) Die dabei entstehende Begegnung soll dazu ermutigen, selbst ein christliches Leben zu führen. Dieses eigene Sein im Raum wird vor allem dadurch konkret, dass wir in der Auseinandersetzung mit der Heiligen Schrift die jeweiligen Gottesdienste planen, in denen auch unsere eigenen Lebensthemen und -fragen aufscheinen. Somit kann es uns gelingen, authentische Glaubenszeug*innen zu sein, mit denen andere Menschen bereit sind ein Stück des Weges zu fahren.